FRAGILE SEITENLAGE

Ausstellung der Künstler*innen Carolin KÜHLMANN / Anna Katharina MADER / ­Sophia SANDLER / Benjamin STÖLZEL / Katrin VOGL

PASSAU | 20. JANUAR 2022

Fünf befreundete Künstlerinnen und Künstler, die sich in Passau kennen gelernt haben, treten mit ihren Arbeiten in Beziehung zueinander.

Image
Katrin Vogl |  LED-Tanz | 2019
Image
Sophia Sandler | Blick ins Vogelnest 2015-2019 | Examensausstellung 2019
Image
Anna Katharina Mader | Parasight Lost | 2019
Image
Benjamin Stölzel | o. T. | (18_1 HW) | 2018 | Ausstellungsansicht
Image
Carolin Kühlmann | Time | 2019

Carolin Kühlmann (*1992 in Baden-Baden, Akademie der Bildenden Künste Nürnberg) untersucht mit eigens entwickelten digitalen und analogen Verfahren die Überforderung bei der Informationsverarbeitung durch Software, Hardware oder den Menschen selbst. Die Anstrengung, dagegen anzugehen, wird in Diagrammen, Texten, Zeichnungen, Film- und Tonsequenzen sichtbar gemacht. Diese dokumentieren auch die Denkprozesse der Künstlerin und geben Zugang zu ihren künstlerischen Fragestellungen. Die Arbeit »Time« zeigt dieselbe Wasserstelle, mehrfach kurz hintereinander photographiert, mit individuellen Reflexionen auf der Wasseroberfläche. Den zeitlichen Verlauf dokumentierend, ergeben die Spiegelungen auf dem Wasser eine Linie. Derselbe Ort zu unterschiedlicher Zeit, chronologisch angeordnet, offenbart eine Verbindung in einer anderen Dimension.

Anna Katharina Mader (*1989 in Passau, Akademie der Bildenden Künste Nürnberg) bewegt sich medial zwischen Skulptur, Grafik und Trickfilm. Sie erkundet, was passiert, wenn Kulturen, Identitäten und Körper verschmelzen. Ihre Arbeiten stehen zum Zeitpunkt der Präsentation für sich, gleichzeitig entwickelt sie diese künstlerisch laufend weiter. Maders Werke sind Teile eines unvollendeten Puzzles, das für das jeweilige Umfeld immer wieder neu zusammengesetzt wird. Sie spricht von »ewigem parasitären Wachstum«. Auch die Arbeit »Parasight Lost«, die sie für ihren Studienabschluss geschaffen hat, wächst stetig weiter, passt sich dem Raum an und verändert ihn.

Bei Sophia Sandler (*1994 in Augsburg, Akademie der Bildenden Künste München) geht die Zeichnung allen künstlerischen Arbeiten voraus. Zumeist kommt der Impuls von außen, durch Alltagssituationen. Häufig sind es Details, humorvolle Beobachtungen oder unauffällige Nebenszenen, die die Künstlerin aufgrund ihrer Schlichtheit ansprechen. In Skizzenbüchern werden diese Eindrücke gesammelt, einige von ihnen später in andere Materialien und Medien umgesetzt, wie etwa Radierungen oder Skulpturen. In der Ausstellung ist unter anderem »Blick ins Vogelnest« zu sehen, eine Skulptur aus Hasenleim und geschredderten Materialien mit eingebauter Beamer-Projektion und Sound. Sie scheint den Betrachtenden anzuschauen, biegt sich ihm förmlich entgegen und gibt den Blick in ihr Inneres frei. Betrachtender und Skulptur werden von außen gesehen zu einer Einheit, während sie intimes Wissen austauschen.

Benjamin Stölzel (*1988 in Bayreuth, Hochschule für Bildende Künste Dresden und Akademie der Bildenden Künste München) eignet sich in seinen Skulpturen unterschiedliche Materialien und Herstellungsprozesse an. Aus dem Zusammenspiel von planvollem Vorgehen und dem Nutzen des Unvorhersehbaren entstehen Skulpturen im Spannungsfeld von organischer und industrieller Formensprache. Er zeigt unter anderem eine Skulptur aus gebogenen schwarzen Kunststoffstäben, die in teils großzügigen Schwüngen, teils engen Windungen durch einen Teil des Ausstellungsraums verlaufen. In gleichmäßigen Abständen sind sie mittels kurzer Hülsen aus Aluminiumrohr sichtbar miteinander verschraubt. Die dabei entstehenden Linien gleichen einer amorphen Zeichnung im Raum. Auffällig ist ihr fragmentarischer Charakter: Durch offene Enden oder Unterbrechungen entstehen Leerstellen, in denen sich der Linienverlauf gedanklich weiterführen lässt. In ihrem Erscheinungsbild vermag die Skulptur an gestische Spontanität, aber auch industrielle Formsprache erinnern. In der künstlerischen Herstellung hingegen wurden die Rundstäbe aus Hartkunststoff in einem langwierigen Prozess einzeln von Hand in die jeweilige Form gebogen.

Katrin Vogl (*1994 in München, Akademie der Bildenden Künste München) beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit den labilen Zuständen der Existenz, die durch Interaktion mit der Umwelt hervorgerufen werden. Sie kombiniert verschiedene Materialien und Arbeitsebenen und schafft so ein Gefüge von unterschiedlichen Ebenen und Zeiten, von Verborgenem und Offensichtlichem. Bei der Performance und Photoserie »LED-Tanz« etwa agiert die Künstlerin in einem völlig abgedunkelten Raum, der durch semitransparente Rettungsdecken nochmals auf eine Grundfläche von einem Quadratmeter verengt wird. Da ihre Augen verbunden sind, kann die Künstlerin die von der silbernen Innenseite der Decke reflektierten, an ihrem Körper befestigten LED-Lichter nicht wahrnehmen. Der Betrachter blickt auf die goldene Außenseite und kann die Bewegungen der Akteurin im Inneren nur erahnen.


ST.-ANNA-KAPELLE

HEILIGGEISTGASSE 4 | PASSAU

DI – SO | 13 – 18 UHR

BIS 13. FEBRUAR 2022

Kurat: Markus Jaursch