Galerie im Europahaus eröffnet

Bereicherung der Kulturszene im Dreiländereck – Ausstellung „Das blaue Wunder“ macht den Anfang

26.2.2020


Der Dachstuhl im Europahaus in Freyung, unter dem vergangenen Freitag im Beisein von gut 80 Besuchern die neue Galerie feierlich eröffnet wurde, ist 227 Jahre alt und ein Meisterwerk der Zimmermannskunst. Sehr passend also, dass die Wahl der Eröffnungsausstellung auf „Das blaue Wunder“ fiel, in der die 372-jährige Handwerkstradition der Blaudrucker-Dynastie Fromholzer gezeigt wird.


Josef Fromholzer durfte die neue Galerie eröffnen; mit dabei (v.r.): Bezirkstagspräsident und Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich, Ausstellungskurator Roland Pongratz, Initiator Heinz Lang, Zimmerermeister Alois Duschl, der den Dachstuhl saniert hat, Architekt Christan Lankl, 2. Bürgermeister Alexander Muthmann und Euregio-Geschäftsführer Kaspar Sammer.



227 Jahre alt ist der Dachstuhl im sanierten Europahaus in Freyung. Nun beherbergt die neue Galerie die Ausstellung „Das blaue Wunder“ mit seiner 372-jährigen Blaudruckgeschichte.



Dr. Karl B. Murr (2.v.r.), der Direktor des staatlichen Textil- und Industriemuseums Augsburg (tim), und Siegfried Paintner (r.), 2. Vorsitzender des „Förder- und Freundeskreis tim e.V.“ – beides gebürtige Niederbayern – waren zur Ausstellungseröffnung gekommen. Darüber freuten sich (v.l.) Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, Blaudruckermeister Josef Fromholzer und Buchautor Friedemann Fegert.

Fotos: Lang/Bezirk Niederbayern

Bezirkstagspräsident und Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich freute sich, dass der Saal zur Galerieeröffnung brechend voll war mit Vertretern der regionalen Kulturszene. Er dankte allen, die sich intensiv um die Galerie bemüht hatten, allen voran Heinz Lang, dem Vorsitzenden des Vereins „Bild & Bühne“ und Ideengeber für diesen neuen kulturellen Treffpunkt im Dreiländereck. Auf 180 Quadratmetern, in bester Lage der Kreisstadt, werden hier künftig unterschiedliche Ausstellungen gezeigt. Das denkmalgeschützte Haus wurde vor Jahren behutsam saniert. Den Dachstuhl denkmalgerecht zu sanieren und auszubauen kostete die Stadt Freyung 500.000 Euro, rund 350.000 Euro davon wurden durch Städtebaufördermittel getragen. Nachdem bereits in den unteren Stockwerken die Euregio Bayerischer Wald-Böhmerwald eingezogen war, folgte nun noch die Erschließung des Dachgeschosses. „Ein Anziehungspunkt für Freyung, den Landkreis und die gesamte Dreiländerregion“, schloss Heinrich, für den dies ein weiterer Beweis sei, dass sich das Kulturangebot in der Region keineswegs verstecken muss. Deshalb werde die Stadt hier auch weiter investieren. Noch heuer sollen mit 3,5 Millionen Euro der Vorplatz sowie das Umfeld städtebaulich aufgewertet werden. Auch für diese Baumaßnahme werden Fördermittel der Städtebauförderung erwartet.

Welche Gemeinschaftsleistung vollbracht wurde, stellte Initiator Heinz Lang heraus. Die treibende Kraft dabei sei Roland Pongratz gewesen, der nicht nur künstlerischer Leiter der Volksmusikakademie in Freyung ist, sondern auch Leiter des Niederbayerischen Landwirtschaftsmuseums Regen. Dort war „Das blaue Wunder“ zuerst gezeigt worden, nachdem Pongratz gemeinsam mit Buchautor Friedemann Fegert die Ausstellung konzipiert hatte. Für die Freyunger, so Heinz Lang, sei es eine große Ehre, diese lange Handwerkstradition der Familie Fromholzer aus Ruhmannsfelden zu zeigen, die mittlerweile die letzte Blaudruckerei zwischen Erfurt und Oberösterreich betreibt. Detailliert wird diese Geschichte im Buch „Oh wie schön ist Indigo“ (Edition Lichtland, Freyung) von Autor Friedemann Fegert beschrieben. Einen kurzen Abriss darüber gab er am Freitag auch dem Vernissagenpublikum – beginnend im Jahr 1648. Über acht Generationen wurde das Wissen über diese Handwerkskunst bis heute weitergegeben. Auch über die besondere Verbindung der Familie Fromholzer zur berühmten Textildruckerfamilie Wallach in München berichtete Fegert. Die Erfinder des Dirndls, die 1911 den kompletten Oktoberfestzug ausgestattet hatten, wurden während des Zweiten Weltkriegs von den Nazis enteignet und ließen später die weltberühmten Wallach-Muster exklusiv bei den Fromholzers in Ruhmannsfelden herstellen.


Der Hauptperson des Abends, dem 93-jährigen Firmeninhaber Josef Fromholzer, war es dann vorbehalten, das offizielle Band zur Galerieeröffnung zu zerschneiden. Er musste viele Hände schütteln an diesem Abend, waren doch viele extra wegen ihm angereist. Darunter auch Dr. Karl B. Murr, der Direktor des staatlichen Textil- und Industriemuseums Augsburg (tim), und Siegfried Paintner, 2. Vorsitzender des „Förder- und Freundeskreis tim e. V.“. Sie möchten die Ausstellung im Anschluss nach Augsburg holen und freuten sich über die Würdigung der Fromholzers in der Heimat. „In einer so perfektionierten Konsumwelt wie heute wird das Handwerk oft belächelt. Er aber trägt das Wissen darüber in seinem Kopf und seinem Körper, davor habe ich großen Respekt“, so Dr. Murr. Die Ausstellung leiste einen Beitrag dazu, diese Jahrhunderte alte Tradition zu bewahren. Aus diesem Grund hat der Museumsleiter großes Interesse daran, die Ausstellung „Das blaue Wunder“ auch in seinem Haus in Augsburg zu präsentieren. Maria und Karl Wagner, die in Bad Leonfelden im benachbarten Mühlviertel eine Blaudruckerei betreiben, waren sogar im passenden Blaudruck-Outfit angereist.

Und so wurde die erste Vernissage in der neuen Galerie im Europahaus zu einem kulturellen Treffpunkt und Kommunikationsort im Dreiländereck Bayern-Böhmen-Österreich, genauso wie es sich die Macher gewünscht hatten.