Inklusion im Ehrenamt – Jeder kann sich engagieren!

Inspirierende Eindrücke aus Litauen

PASSAU | 11. APRIL 2023

„Ich war für mehrere Wochen in Spanien ehrenamtlich tätig und das ganz ohne meine Mama! Am besten gefallen hat mir die Arbeit in der Kleiderkammer, wo die Kleider gewaschen haben.“


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Christian Moritz, Franz Szabo und Perdita Wingerter. | Bild: Gemeinsam leben und lernen in Europa e. V.

Paulius (32 Jahre) hat eine geistige Behinderung und geht regelmäßig in das Tageszentrum der Organisation Jaunuoliu dienos centras (JDC) in Panevėžys, Litauen. Die Organisation JDC ermöglicht ihren Klienten nicht nur ein vielfältiges Tagesprogramm, sondern motiviert sie auch, sich vor Ort, aber auch international ehrenamtlich zu engagieren.

Und wie sie das konkret organisieren, davon konnten sich Perdita Wingerter, Geschäftsführerin von „Gemeinsam leben & lernen in Europa“ (GLL), der Ehrenamtliche Christian Moritz und sein Inklusionsbuddy Franz Szabo vor Ort einen Eindruck verschaffen. Möglich gemacht hat dies das Erasmus-Projekt „ImProve: Inklusion machen“, das Perdita Wingerter ins Leben gerufen hatte. Ziel des Projektes ist es, Menschen mit körperlichen, geistigen oder psychischen Einschränkungen den Weg ins Ehrenamt zu erleichtern. „Wir merken in unserem Projekt, wie schwierig ist es, das Ehrenamt inklusiver zu gestalten: viele Organisationen können es sich nicht vorstellen, wie die ehrenamtliche Mitarbeit von Menschen mit Beeinträchtigungen funktionieren soll, viele Menschen mit Beeinträchtigungen können sich nicht vorstellen, dass sie gebraucht werden oder haben keine Ahnung, wo und wie sie sich engagieren können. Um Hürden abzubauen, wurden Ehrenamtliche zu so genannten „Inklusions-Buddies“ ausgebildet, die einem Menschen mit Beeinträchtigung dabei unterstützen selbst ehrenamtlich zu werden. Oft reicht es, einfach mitzugehen. Und so war es auch möglich, dass Christian Moritz an dem europäischen Austauschtreffen in Panevėžys teilnehmen konnte. Christian ist durch einen Autounfall erblindet und arbeitet ehrenamtlich bei GLL mit: er übernimmt viele Telefondienste und organisiert zurzeit eine Podiumsdiskussion mit Politiker*innen zum Thema Inklusion. Franz Szabo ist sein unterstützender Inklusionsbuddy und hilft ihn, sich in der ungewohnten Umgebung zu orientieren und Hindernisse zu überwinden. „Es ist ein großes Geschenk, dass mir durch dieses simple Konzept ermöglicht wird, mir meinen Wunsch nach sozialem Engagement erfüllen zu können und sogar bei einem Auslandsaufenthalt meine Erfahrungen mit anderen auszutauschen", sagt Christian Moritz. Er, Franz Szabo und Perdita Wingerter waren in Litauen, um zu erfahren, wie die Organisation JDC es erfolgreich schafft, Menschen ins Ehrenamt zu vermitteln und sogar Menschen mit geistiger Beeinträchtigung einen längeren ehrenamtlichen Einsatz im europäischen Ausland zu ermöglichen. „Ich konnte mir das gar nicht vorstellen“, erklärt Perdita Wingerter. „Es ist schon so schwer, eine Ehrenamts-Einsatzstelle für Menschen mit Behinderungen in Passau zu finden. Und wie das auch noch im Ausland mit Menschen mit intellektuellen Einschränkungen funktionieren soll, war mir unbegreiflich.“ Aber wie der sehr lebendige und anschauliche Bericht von Paulius zeigte, geht es. „Ich hab durch die Erlebnisse in Litauen wieder mal gemerkt, dass es einfach sehr viel um gegenseitiges Zutrauen und Vertrauen geht“, erläutert Christian. „Jeder lernt vom anderen, Barrieren werden aufgelöst und es findet wirkliche Integration von Menschen mit Behinderung statt", fügt er hinzu.

Ehrenamtliches Engagement von Menschen mit Beeinträchtigung wäre also ein großer Schritt in Richtung Inklusion, aber auch eine Bereicherung für die Freiwilligenarbeit insgesamt. Viele Vereine klagen seit Jahren, dass sie nicht mehr genügend Ehrenamtliche finden. „Und da könnte das inklusive Ehrenamt eine Lösung sein: die Umsetzung von Inklusion und der zukünftige Erhalt des Ehrenamts“, regt Christian Moritz an. „Man muss einfach mal anfangen. Und am Ende können auch wir hoffentlich Menschen mit Beeinträchtigungen in ein ehrenamtliches Engagement in Europa vermitteln“, träumt Perdita Wingerter weiter.


Weitere Informationen unter:

www.gemeinsam-in-europa.de