Der Verein Niederbayern-Forum e. V. hat sich zur Aufgabe gemacht, Niederbayern als innovativen und zukunftsorientierten Wirtschaftsraum sowie als attraktiven Lebensraum zu vermarkten. In den letzten Jahren wurden spannende Projekte im Regionalmarketing für Niederbayern umgesetzt wie z. B. die „Campus- und Ausbildungs-Tour“ oder das Projekt „SEITEN|WECHSEL Niederbayern-Südböhmen-Pilsen“. Die Geschäftsführerin des Vereins, Christina Tanosova und der 1. Vorsitzende, Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, wollen auch in den kommenden drei Jahren mit viel Innovation den Herausforderungen der Region begegnen. Wir nutzten die Gelegenheit für ein Gespräch.
Herr Dr. Heinrich, Sie konnten vor kurzem den Förderbescheid für die nächsten drei Jahre von Roland Weigert, Staatssekretär des Bayerischen Wirtschaftsministeriums entgegennehmen. Welche Maßnahmen stehen im Fokus der Projektarbeit in der neuen Förderperiode?
OLAF HEINRICH: Gemeinsam mit meinen Kollegen in Vorstand und Beirat und dem Team in der Geschäftsstelle haben wir uns im letzten Jahr intensiv der Frage gewidmet, wie es im Regionalmarketing für Niederbayern weitergehen wird. Der demografische Wandel und der damit einhergehende Mangel an Fachkräften stellt eine große Herausforderung für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Region dar. Wir haben deshalb zahlreiche Maßnahmen entwickelt, die diesem Problem begegnen sollen: beispielsweise die Fortsetzung unserer Social-Media-Kampagnen, ein Fachkräfte-Forum, bei dem sich Akteure und Multiplikatoren zu diesem Thema austauschen sollen sowie eine Exkursion nach Niederbayern für Studierende aus Ballungsgebieten.
„DAS LEBENSPAKET NIEDERBAYERN IST EINZIGARTIG“
Wieso braucht unser Bezirk Niederbayern ein Regionalmarketing?
OLAF HEINRICH: Aus den Wirtschaftswissenschaften und der Praxis ist bekannt, dass sich Unternehmen in einem ständigen Wettbewerb befinden. Wer Erfolg haben will, muss sich positionieren und durchsetzen. Das gilt genauso für Städte und Kommunen sowie Regionen, nur dass man sich hierbei nicht um Kunden oder Auftragnehmer bemüht. In den letzten Jahrzehnten hat Niederbayern einen bemerkenswert positiven Wandel hingelegt, darauf wollen wir mit unserem Regionalmarketing hinweisen und uns von Vorurteilen sowie veralteten Annahmen lösen. Gleichzeitig wollen wir den Regierungsbezirk im Wettbewerb der Regionen in Stellung bringen. Wir betonen hierbei immer gerne mit einem Schmunzeln: „Das Lebenspaket Niederbayern ist einzigartig“.
BAYERISCH-TSCHECHISCHE GRENZREGION BRINGT GROSSES POTENTIAL MIT SICH
Beispielhaft blickte der Verein mit dem Projekt „SEITEN|WECHSEL Niederbayern-Südböhmen-Pilsen“ auch über die Grenze zu unserem tschechischen Nachbarn, wie weit sind die Grenzregionen schon zusammengewachsen und welche Potentiale können hier noch ausgeschöpft werden?
OLAF HEINRICH: In den vergangenen Jahren sind die Grenzregionen wirtschaftlich und gesellschaftlich enger zusammengewachsen. Auf beiden Seiten lassen sich nicht nur kulturelle und traditionelle Ähnlichkeiten feststellen. Auch die wirtschaftliche Entwicklung der beiden Regionen war vor der Corona-Pandemie äußerst positiv. Leider haben die letzten zwei Jahre Spuren hinterlassen. Zum Beispiel konnten wir den Austausch mit unseren Partnern in Tschechien nur elektronisch pflegen. Die bayerisch-tschechische Grenzregion bringt weiterhin ein großes Potential mit sich, das noch lange nicht erschöpft ist. Hier setzt das Niederbayern-Forum mit seinen Partnern an. Aktuell arbeiten wir gemeinsam mit der Technischen Hochschule Deggendorf, der Universität Südböhmen und weiteren Akteuren an dem Projekt „Grenzland kreativ“, dass die Kultur- und Kreativszene grenzübergreifend stärken soll. Am 6. Mai findet dazu eine bayerisch-tschechische Präsenzveranstaltung in Deggendorf statt. (Anm.d.Red.: siehe Artikel auf Seite 24 in dieser Ausgabe)
ZIELGERICHTETE MASSNAHMEN UND PROJEKTE
Frau Tanosova, Sie sind seit 2 Jahren Geschäftsführerin des Vereins, welche Projekte lagen Ihnen in dieser Zeit besonders am Herzen?
CHRISTINA TANOSOVA: Die Weiterentwicklung Niederbayerns liegt mir sehr am Herzen und meine Tätigkeit im Regionalmarketing bereitet mir Freude. In den letzten zwei Jahren haben wir einige spannende Projekte umgesetzt, z.B. die Social Media Kampagne „Campus- und Ausbildungs-Tour“, die junge Leute für die Region begeistern sollte, unseren Imagefilm, der Niederbayern als starken Wirtschaftsstandort vorstellt oder auch unser deutsch-englisches „Recruiting-Packerl“, das neuen Arbeitskräften das Ankommen in unserer Region erleichtert. Den Austausch im Niederbayern-Forum schätze ich sehr. In der Geschäftsstelle sind wir dadurch immer über die aktuellsten Entwicklungen in der Region informiert und können Projekte und Marketingmaßnahmen zielgerichtet anpassen.
Sie selbst sind in Tschechien geboren und haben in Passau sowie Budapest studiert, wie ist Ihnen persönlich dieser „Seitenwechsel“ gelungen?
CHRISTINA TANOSOVA: Ich lebe seit meinem vierten Lebensmonat in Deutschland und fühle mich hier zu Hause. Tschechien ist für mich meine zweite Heimat. Meine Verwandtschaft lebt dort und ich habe nahezu alle Schulferien bei meinen Großeltern verbracht. Wie ein „Seitenwechsel“ ist mir das aber nie vorgekommen. Ich bin froh darüber, beide Sprachen zu beherrschen und mit zwei Traditionen und Perspektiven aufgewachsen zu sein. Als ich mein Auslandsjahr in Budapest angetreten bin, war das schon eher ein „Seitenwechsel“, auch dort konnte ich aber schnell Gemeinsamkeiten entdecken, was mir das Ankommen vor Ort sehr erleichtert hat.
NEUE MITGLIEDER IM VEREIN SIND WILLKOMMEN
Frau Tanosova, welche Ziele wollen Sie für den Verein in den nächsten drei Jahren erreichen?
CHRISTINA TANOSOVA: Zu Beginn des Jahres haben wir uns in der Geschäftsstelle sowie mit unserem Vorstand einige Ziele für die Entwicklung des Vereins gesteckt. Nach zahlreichen virtuellen Veranstaltungen wollen wir den Austausch wieder persönlicher gestalten und die Mitglieder noch stärker in unsere Projekte einbeziehen. Auch neue Mitglieder sind uns im Verein sehr herzlich Willkommen, um das Regionalmarketing noch stärker in der Region zu verankern.
Welche Befürchtungen haben Sie hinsichtlich der Folgen des Krieges in der Ukraine für die Niederbayerische Wirtschaft?
OLAF HEINRICH: Die Steigerung der Energiekosten, Störungen in den Lieferketten, höhere Kosten für Rohstoffe oder auch Materialknappheit. All das sind Entwicklungen, die wir in Deutschland und auch in Niederbayern leider gegenwärtig spüren. Wie sich die Lage in der Ukraine weiterentwickelt, lässt sich aktuell nur sehr schwer einschätzen. Bemerkenswert ist jedoch die Hilfsbereitschaft der niederbayerischen Bürgerinnen und Bürger. Die Bereitwilligkeit zu spenden ist überwältigend, genauso haben zahlreiche Haushalte Geflüchtete aus der Ukraine bei sich zu Hause aufgenommen.
Unsere Flussfrage wollen wir dieses Mal ein bisschen umformulieren: Worauf hätten Sie in unserem schönen Niederbayern gerne mehr Einfluss?
CHRISTINA TANOSOVA: Das ist eine schwierige Frage. Ich bin der Meinung, man sollte sich im Leben nur auf das konzentrieren, was man beeinflussen kann. Viele Entwicklungen lassen sich nun mal nicht beeinflussen, das gilt auch für die Regionalentwicklung. Mein persönlicher Wunsch ist, dass sich die Region von all den vergangen und aktuellen Krisen erholt und ihre Innovationskraft noch stärker entfacht.
OLAF HEINRICH: Ich freue mich über die zahlreichen Entwicklungen die ich als Bezirkstagspräsident initiieren und beeinflussen konnte. Ein großer Meilenstein ist uns erst kürzlich mit dem Medizincampus Niederbayern gelungen. Ich blicke optimistisch in die Zukunft und hoffe, dass noch weitere positive Entwicklungen auf unser schönes Niederbayern warten.