INNSIDE Innterview: HELMUT SCHLEICH

STRAUSS WÄRE HEUTE WOHL BEI GOOGLE & CO!

2.3.2020


Helmut Schleich ist einer der renommiertesten Kabarettisten Bayerns.

Berühmt für seine Straußparodien, aber auch für seine scharfe,

kritische Politiksatire und natürlich bekannt durch seine wöchentliche

Kolumne auf Bayern2 und die Sendung „SchleichFernsehen“ im BR.

Im März ist er mit seinem Soloprogramm „Kauf du Sau“ in der Gegend

zu sehen. Wir hatten Gelegenheit zu einem Gespräch mit ihm.


Die Fragen stellte Gerd Jakobi


Wenn du Franz Josef parodierst denken viele: Er ist wieder da! So echt wirkt das. Was würde denn der große Vorsitzende FJS, zu dem du ja einen besonderen Draht hast, zum Gebaren seiner Nachfolger aktuell sagen?
Die größte Gefahr für die Demokratie lauert in der Machtverschiebung weg von der Politik hin zu großen Konzernen, die tagtäglich ihren Datenbesitz vermehren und denen mit der fortschreitenden Entwicklung der KI Omnipotenz zuwächst. Folglich wäre ein Strauß heute wohl gar nicht mehr in der Politik anzutreffen, sondern womöglich bei Google und Co. Was ihm zu einem Ministerpräsidenten Söder einfällt, der seine Visionen von der Zukunft in erster Linie aus „Startrek“ und „Krieg der Sterne“-
Weisheiten ableitet, das erfahren Sie in meinem Programm.

„Kauf du Sau“ heißt dein aktuelles Programm, mit dem du auch bei uns in der Region zu sehen sein wirst. Was können wir da erwarten?
Wer nicht kaufen kann ist raus. So knapp kann man das leider sagen. Gehen Sie nach Ladenschluss durch eine beliebige Innenstadt. Tot. So weit haben wir’s gebracht. Es geht jedoch in meinem Programm nicht primär um Konsum oder Konsumterror. Auch wenn der Titel das zunächst suggeriert. Zuerst geht es um verkauft werden, zum Beispiel für blöd, darum, was wir uns reindrücken lassen und was wir davon annehmen. Also ein sehr politisches Programm. Die Wahrheit „lügt“ in der Mitte. Es gibt Leute mit Geld, für die sind Werte wie Wandel, Wachstum, Grenzenlosigkeit und Globalisierung gut. Und es gibt Leute mit weniger Geld, die sagen, mir ist mein Nachbar wichtig, mein Dorf, meine Stadt. Die wollen keinen Wandel um jeden Preis.
Je mehr der Wandel von oben durchgesetzt wird, desto größer wird deren Widerwillen. Für Leute mit Geld ist der Kapitalismus die reinste Demokratie, für Leute ohne Geld ist die Demokratie der reinste Kapitalismus.

Du gehörst ja nun auch schon lange zur ersten Garde der bayerischen Kabarettszene. Was hat sich deiner Meinung nach verändert und wohin entwickelt sich das politische Kabarett?
Kabarett ist in den Medien, wie man sich das vor 30 Jahren nicht im Traum vorgestellt hätte – vielleicht sogar im Albtraum. Jeden Tag Kabarett – rund um die Uhr, also fast. Das macht das Kabarett heute manchmal kurzatmig. Mitunter stellen sich gewisse Abnutzungseffekte ein. Manche Kollegen und Kolleginnen glauben, die moralische Botschaft von der Bühne mit gesichertem Gesinnungsapplaus würde die gute Pointe ersetzen. Aber es gibt heute sehr viel Publikum, das sich vom Kabarett Klarheit und Durchblick erhofft, in der unübersichtlichen Welt heute mehr als vor 30 Jahren. Und gutes Kabarett liefert das ja auch. Also: Das Kabarett lebt!

Du bist natürlich schon häufiger in unserer Region gewesen und an vielen Orten im Passauer Land aufgetreten, gibt es da vielleicht eine Anekdote zu erzählen?
Mehrere natürlich, aber besonders eindrucksvoll war der Auftritt am 2. April 2005 in einem kleinen Dorf bei Passau. Der alte Papst lag in Rom im Sterben und als während meiner Vorstellung nebenan die Kirchenglocken gegen halb zehn so heftig zu läuten begannen, dass man im Saal kein Wort mehr verstanden hat, wussten alle, was los war. Der Abend ist in eigentümlicher Stimmung zu Ende gegangen.

Mit SchleichFernsehen hast du ein eigenes sehr erfolgreiches Fernsehformat entwickelt. Gibt es weitere Pläne, die du in der Pipeline hast?
Pläne gibts immer. Aber so lange ich einmal im Monat eine nagelneue Folge von SchleichFernsehen auf die Beine stellen, meine Bayern2-Kolumne „Ende der Welt“ bespielen, in der tz jeden Samstag eine Glosse schreiben und mit meinem Soloprogramm auf Tour gehen muss oder vielmehr darf, bin ich hinreichend beschäftigt…

Auch dir wollen wir die Innside-Flussfrage stellen: Gibt es einen Fluss in deinem Leben, mit dem du dich besonders identifizieren
kannst?

Die Frage habe ich Euch ja schon einmal beantwortet und es hat sich seitdem nichts geändert an meiner Antwort: Das ist die Aude in Südfrankreich. Ein Fluss, an dem ich seit meiner Jugend meine
Sommerferien verbringe. Dieser Fluss entspringt in den Pyrenäen und mündet bei Béziers ins Mittelmeer. In Passau kann ich noch dazusagen: ein Fluss, der auch was vom Hochwasser versteht.


DO 26. MÄRZ 2020 | 19.30 UHR | BÜRGERSAAL ERGOLDING
FR 27. MÄRZ 2020 | 20 UHR | WALDKIRCHEN BÜRGERHAUS
SA 28. MÄRZ 2020 | 19.30 UHR | KL. KURHAUS BAD FÜSSING