INNSIDE Innterview: OB Jürgen Dupper

"KONKRETE STELLUNGNAHME ZUM HOCHWASSERSCHUTZ NOCH VOR DEN WAHLEN"


Für ein Oberzentrum, wie es die Stadt Passau darstellt, gibt es gerade in

diesen Zeiten eine Vielzahl von Herausforderungen. Sei es beim Verkehr

oder beim Klimaschutz oder überhaupt beim Zusammenleben. Zu all diesen

Themen hatten wir Gelegenheit, Fragen an den Oberbürgermeister der

Stadt, Jürgen Dupper zu stellen.


Die Fragen stellte Gerd Jakobi | Fotos: Claudia Saller


Ihre zweite Amtszeit neigt sich dem Ende zu. Welche Ereignisse aus Ihrer zweiten Amtsperiode haben für Sie eine besondere Bedeutung?
Meine zweite Amtszeit ist noch nicht zu Ende und es wird in diesem Herbst noch einiges zu tun geben. Ich möchte bis zum Ende der Wahlperiode noch gute Arbeit machen, bevor ich mich im Jahr 2020 intensiver mit der Kommunalwahl beschäftigen werde.
In beiden Amtsperioden gab es große unerwartete Herausforderungen zu bewältigen. In der ersten Amtszeit das Hochwasser im Jahr 2013, in der zweiten Periode die Migrationswelle des Jahres 2015. Beide Ereignisse haben über Monate hinweg viele Kräfte gebunden.
Was meine zweite Amtszeit sicherlich geprägt hat und immer noch prägt ist die dynamische Entwicklung der Stadt Passau, sowohl die Einwohner- als auch die Arbeitsplatzzahlen betreffend. Erfreulicherweise sind beide Parameter, genau wie die Geburtenrate, steigend, was uns sehr stolz macht, uns jedoch auch im Hinblick auf die benötigte Infrastruktur sehr fordert.
Was mich sehr positiv auf meine zwei bisherigen Amtszeiten zurückblicken lässt ist, mit wie viel Gelassenheit die Passauer Bürgerinnen und Bürger auf unerwartete Ereignisse reagieren. Dies spiegelt sich im Alltag wider, man ist nicht geneigt, sich allzu schnell aus der Ruhe bringen zu lassen, gerade im Hinblick auf die aufgeregten Zeiten in Europa und der Welt. Es scheint, als sei in Passau ein besonderer Menschenschlag zuhause.

VIER THEMENKREISE ZUM VERKEHR

In den letzten Jahren war das Thema Verkehr ein sehr umstrittenes. Mit der großen Studie, die jetzt in Auftrag gegeben werden soll, will man handlungsfähig werden. Was erwarten Sie von dieser Untersuchung?
Das Thema Verkehr ist in Passau aufgrund der besonderen Topographie immer hochaktuell. Hinzu kommen die vorhin schon erwähnten positiven Entwicklungen bei den Einwohner- und Arbeitsplatzzahlen. Nach Passau pendeln täglich 27.000 Menschen um hier zu arbeiten, so viele wie in keine andere niederbayerische Kommune. Das belastet die Infrastruktur enorm. Wir wollen auf vier Ebenen dem entgegentreten: Zum einen haben wir auf regionaler Ebene ein Forum geschaffen, das es uns ermöglicht, einen größeren Überblick zu bekommen und Antworten zu finden. Auch der Landkreis Freyung-Grafenau ist hier mit im Boot. Dabei wird natürlich über das Straßennetz und dessen Ergänzung gesprochen, aber vor allem wollen wir an einem überregionalen ÖPNV-Konzept arbeiten.
Das zweite Thema, um das wir uns kümmern, ist die Fortführung des Verkehrsentwicklungsplans in der Stadt Passau mit all seinen Schattierungen. Hier werden alle Verkehrsträger unter die Lupe genommen und es wird mit einem neuen Prognosehorizont nachgearbeitet.
Der dritte Punkt ist bereits auf den Weg gebracht. Im Stadtrat wurde einstimmig ein neues Nahverkehrskonzept für Passau beschlossen. Wir werden zum 1. März 2020 einen komplett überarbeiteten Fahrplan bekommen mit neuen Buslinien, verdichteten Taktungen zu den Hauptverkehrszeiten und einer „Campus-Linie“, die den enormen Verkehrsanspruch der Universität auffangen wird. Damit versuchen wir, Druck aus dem Kessel zu nehmen.
Viertens wollen wir mit dem groß angelegten Radfahrkonzept dem Fahrrad, als Alternative zu Auto und Bus, mehr Platz einräumen. Die Bestandsaufnahme ist abgeschlossen und jetzt gilt es, die vielen Vorschläge, auch aus der Bevölkerung, abzuarbeiten.

Warum werden diese Untersuchungen in ihrer Komplettheit erst jetzt angestoßen?
Hinsichtlich des ÖPNVs hatten wir eine 10-jährige Bindungsfrist einzuhalten. 2019 hatten wir nun die Möglichkeit, uns hier für das Jahr 2020 neu aufzustellen. Beim Fahrrad hat sich in den letzten Jahren immer wieder abgezeichnet, dass dieses Thema aufgrund der steigenden Zahlen von Pedelecs und E-Bikes immer mehr an Bedeutung gewinnt, dem wollen wir Rechnung tragen. Die überregionale Verkehrsbetrachtung ist ein angenehmes Nebenprodukt der Diskussion um die Nordtangente. Diese wurde ja gegen den Willen der Stadt in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen; aufgrund der verhärteten Fronten hat die Bayerische Staatsregierung angeregt, über das Thema Verkehr in der Stadt Passau insgesamt nochmal zu reden. Und das machen wir jetzt.

Die „Angerer“ fordern Sie in einem offenen Brief auf, das LKW-Durchfahrtsverbot am Anger gerichtlich einzuklagen. Wie wollen Sie hier vorgehen?
Bereits beim Verkehrsentwicklungsplan 2012 wurde und wird seither immer wieder, ein LKW-Durchfahrtsverbot am Anger thematisiert. In diesem Zusammenhang haben wir uns an die zuständigen Behörden gewendet, aber ein definitiver Bescheid, gegen den wir klagen könnten, liegt derzeit nicht vor. Selbstverständlich bleiben wir aber bei dem Thema am Ball.

HOCHWASSERSCHUTZ: WARTEN AUF DAS WWA

Ein wichtiges und ebenfalls kontrovers diskutiertes Thema ist der Hochwasserschutz, vor allem in Hals und am Inn. Wie weit sind hier die Planungen gediehen und wann kommt es zu Entscheidungen?
Beim Hochwasserschutz gibt es sechs Abschnitte, die zur Debatte stehen. Einer davon, in Hacklberg, wird noch in diesem Jahr abgeschlossen. Der Abschnitt in der Lindau soll noch 2019 in Angriff genommen werden und in der Magalettigasse ist bereits ein Teil errichtet. An der Oberen Donaulände hoffen wir, im nächsten Jahr die Planungen abzuschließen. Dann gibt es noch zwei von Ihnen angesprochenen Abschnitte, über die in der Öffentlichkeit sehr viel diskutiert wird.
Im Bereich Hals gab es ein Planfeststellungsverfahren, zu dem viele Vorschläge gemacht wurden. Diese müssen jetzt vom Vorhabensträger, dem Staatlichen Wasserwirtschaftsamt, auf- und abgearbeitet werden, wobei der strittigste Punkt hier die Höhe der Mauer ist. Wir warten diesbezüglich auf belastbare Aussagen des Wasserwirtschaftsamtes, anschließend wird die Stadt Passau ihre Stellungnahme dazu abgeben. Erst im Anschluss erfolgt der Planfeststellungsbeschluss. Verzögert wird dieser Abschnitt auch durch eine Umweltverträglichkeitsprüfung, die noch nicht abgeschlossen ist. Für mich ist es sehr wichtig, die Anwohner in Hals darüber zu informieren, welche Pläne die Stadt Passau befürwortet oder ablehnt, deshalb werden wir noch vor den Kommunalwahlen laut und deutlich darüber sprechen.
Ähnlich ist es an der Gottfried-Schäffer-Straße. Was hier in der öffentlichen Diskussion oft übersehen wird, ist der fast einstimmige Beschluss im Stadtrat, der besagt, dass die Allee erhalten bleiben muss und dass der Hochwasserschutz mit so wenig Mauer wie möglich gestaltet werden muss. Auch hier liegen die Pläne, die meines Erachtens allgemein Gefallen fanden, beim Wasserwirtschaftsamt, das darüber entscheiden muss, ob diese technisch so umsetzbar sind. Auch hier wird noch vor den Wahlen im Frühjahr die Haltung der Stadt klar kommuniziert werden.

KONZERTHAUSWIESE: NUR ZWISCHENLÖSUNGEN ANGEDACHT

Kürzlich wurde von der scheidenden Unipräsidentin die erste Phase des Architektenwettbewerbs für die Planung der Gebäude mit Konzerthausnutzung am Spitzberg eingeläutet. Wie sieht es überhaupt bei der Planung und dem Ideenwettbewerb zur Endgestaltung der Neuen Mitte, explizit „Konzerthauswiese“ aus?
Die Unierweiterung an diesem Platz ist ein richtiger und logischer Schritt in der Stadtentwicklung, den wir sehr begrüßen und intensiv begleiten. Für die Konzerthauswiese waren in letzter Zeit, aufgrund eines Antrags der SPD im Stadtrat, einige Dinge angedacht, von einer kleinen Orangerie mit Bewirtung bis zu Ruhezonen mit Konzertmuscheln. Von einer großen Hochbaumaßnahme raten wir zur Stunde ab, da die Fläche für ein Bürogebäude zu schade ist. Bis sich hier etwas Entsprechendes ergibt, befürworten wir eine Zwischennutzung, die aber durchaus einen Mehrwert für die Stadt darstellen.

Passau hat sich zu einer wirklichen blühenden Kulturstadt entwickelt, auch die Stadt selbst ist ja mittlerweile Veranstalter bzw. Mitveranstalter von Kunst-, Musik- und Literaturnacht. Wie zufrieden sind Sie mit diesen Festivals und wo sehen Sie möglicherweise noch Handlungsbedarf?
Der Dank seitens der Stadt geht an die große freie Szene in Passau, die Passauer Kultur lebt von vielen kleinen ehrenamtlich geführten Vereinigungen. Die Kulturschaffenden sind das Wurzelwerk, durch das die Passauer Kultur einen festen Halt hat. Deshalb arbeiten wir auch bei unseren Veranstaltungen ganz eng mit denjenigen zusammen, die das ganze Jahr über die Kultur beleben. Mit den Formaten, allem voran die Kunstnacht, sind wir sehr zufrieden. Auch die Musiknacht hat sich mittlerweile etabliert, natürlich gibt es noch Feinheiten, an denen gefeilt werden kann, genau wie bei der Literaturnacht.

KLIMAKONZEPT DER STADT NOCH IM HERBST

Der Klimawandel ist das Politikthema Nr. 1 in Deutschland. Viele Städte und Gemeinden sind selbst aktiv geworden und haben sich zu Klimakommunen erklärt oder den Klimanotstand ausgerufen, um sich möglichst klimaneutral aufzustellen. Wo sehen Sie Passau bei diesem Thema?
Das Thema Klima ist sehr bedeutend, deshalb habe ich bereits im Jahr 2011 im Rathaus eine Arbeitsgruppe „Klima und Energie“ ins Leben gerufen, die seither sehr viele Maßnahmen aufgegleist und umgesetzt hat. Im Herbst werden wir dem Stadtrat vorschlagen, ein Klimaschutzkonzept zu erarbeiten und zu beschließen.

Die Innside-Flussfrage haben wir Ihnen schon so oft gestellt. Hier mal eine Variante: Auf welche politische Frage hätten Sie gern Einfluss?
Wir leben in einem wunderbaren Land, das sich aber auch immer weiterentwickelt, dadurch ändern sich auch die Formen des Zusammenlebens. Wie wir weiterhin gut zusammenleben können, darauf hätte ich gerne mehr Einfluss.

WIR DANKEN IHNEN FÜR DAS GESPRÄCH!