2.11.2020
Mittlerweile sind sieben Jahre seit der großen Flut in Passau vergangen, fast genau so lange warten die
Passauer auf die Ergebnisse der Innstudie und deren entsprechende Umsetzung. Wir sprachen mit dem
Oberbürgermeister Jürgen Dupper über die Verzögerung bei diesem Thema, aber auch über das allgegenwärtige
Thema Corona und die Schwerpunkte seiner weiteren Amtszeit.
Die Fragen stellte Claudia Saller
Fotos: Gerd Jakobi
Corona immer und überall. Auch in diesem Gespräch kommen wir nicht um das Thema herum. Wie sehen Sie die Situation insgesamt für die Stadt Passau und was die Innsider besonders interessiert: Was kann die Stadt für die Kulturschaffenden und Soloselbständigen tun?
Corona hat im Grunde das Leben jedes Einzelnen tangiert, diesbezüglich bin ich wieder einmal voll des Lobes über die Passauerinnen und Passauer, mit welch bewundernswerter Disziplin und Gelassenheit sie diese schwierige Situation meistern. Für die Kunst und Kultur bedeutete die Lage eine komplette Zäsur, viele Gastronomen oder Freischaffende sind in arge existentielle Nöte geraten und einige sind auch durch das Netz der staatlichen Hilfsmaßnahmen gefallen.
Die Stadt Passau hat versucht, hier einen Beitrag zur Abmilderung der Folgen zu leisten. Zum einen haben wir in der schwierigen finanziellen Situation, in der wir uns befinden, sämtliche Kulturfördermittel ausbezahlt, auch wenn die Veranstaltungen abgesagt werden mussten. Zum anderen haben wir den Händlern und Gastronomen kostenlos zusätzliche Freiflächen zur Verfügung gestellt. Angesichts der enormen finanziellen Einbußen ist das zugegebenermaßen ein relativ kleiner und eher symbolträchtiger Beitrag, der jedoch zeigen soll, dass die Stadt Passau zu ihren Selbständigen steht.
Um die Menschen aus Nah und Fern anzuregen, weiterhin unsere schöne Stadt zu besuchen und es damit den Gewerbetreibenden zu ermöglichen, einen kleinen Überschuss in den Kassen zu erwirtschaften, haben wir, mehr als sonst, Marketing für die Stadt betrieben. Leider müssen wir aber nach dem Sommer feststellen, dass die Tourismusbilanz sehr negativ ausfällt. Die Touristen ziehen in diesen Zeiten ländliche Regionen dem Städtetourismus eindeutig vor.
AUSGEWOGENER MOBILITÄTSMIX NÖTIG
Sie haben nun das erste halbe Jahr Ihrer dritten Amtszeit hinter sich. Natürlich war die Pandemie das alles beherrschende Thema in dieser Zeit. Wo sehen Sie darüber hinaus die Schwerpunkte bei Ihrer Arbeit in nächster Zeit?
Alle, die am 15. März in Ämter gewählt wurden, haben mit sehr viel Enthusiasmus Wahlkampf geführt, mit großen Versprechen für die nächsten Jahre. Und alle sind wir durch das Virus und dessen finanzielle Auswirkungen eingebremst worden. Trotz allem bleiben die Aufgabenstellungen für die Stadt Passau dieselben, wie wir sie im Jahr 2019 formuliert haben: Mobilität, Wohnen und Wirtschaft.
Bei der Mobilität liegen unsere Aufgaben auf der Hand: Wir brauchen einen ausgewogenen Mobilitätsmix, der sowohl die Mobilität sicherstellt, der aber idealerweise auch dem Klima gerecht wird.
Beim Thema Wohnen stellen wir fest, dass die Nachfrage nach Wohnraum jeglicher Art ungebrochen hoch ist. Um dieser Nachfrage gerecht zu werden, entwickeln wir derzeit größere Vorhaben.
Die Wirtschaft hat im Jahr 2020 leidvoll erfahren, wie schnell ein Absturz von den Höhen der scheinbar sich selbst tragenden Konjunktur möglich ist. Deshalb sind wir gut beraten, weiterhin ein großes Augenmerk auf die heimische Wirtschaft und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu legen. Drohende Konflikte bei der Ausweisung von neuen Gewerbegebieten dürfen uns nicht von den Vorhaben abbringen, hier geht es um die Zukunft unserer Kinder und unserer Stadt.
FLÄCHENDECKENDES LASTENRAD-PROJEKT
Die Stadt Passau ist „Lastenrad-Modell-Stadt“, bis zum 31. März 2021 soll ein Lastenrad-Mietsystem eingeführt sein, was können Sie uns zu diesem Projekt sagen?
Wir haben uns für dieses Projekt beworben, waren aber am Ende sehr überrascht, dass wir den Zuschlag erhielten, ist es doch in der Stadt Passau richtig schwer mit dem Fahrrad, für uns wird das ein Lernprozess werden. Geplant sind Entleihstationen an verschiedenen Stellen flächendeckend in der Stadt, die Rückgabe des Fahrrads kann an einer beliebigen Entleihstation erfolgen. Ob das Projekt ein Erfolg wird, liegt an der Akzeptanz und Intensität der Nutzung, eine Einschätzung dessen ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.
Das Thema Hochwasserschutz verliert für die Passauer nicht an Bedeutung. Wann und wie geht es an der Innpromenade weiter?
Nach der Visualisierung der Pläne an der Innpromenade geht es jetzt daran, die technische Machbarkeit zu prüfen, dies ist Aufgabe des Staatlichen Wasserwirtschaftsamtes.
Diese Maßnahme alleine reicht aber nicht aus, Passau vor Hochwasser zu schützen. Deswegen haben Bayern und Österreich die „Innstudie“ in Auftrag gegeben. Seither sind sieben Jahre ins Land gezogen, darüber bin ich mittlerweile etwas ungehalten, die Ergebnisse müssen schleunigst auf den Tisch. Gerade für uns Passauer als Unterlieger sind zeitnahe Erkenntnisse zu den Themen Polder und Retentionsflächen sowie Staustufen- und Sedimentmanagement von großer Bedeutung, da naturgemäß von den Ergebnissen der Studie bis zur Realisierung weitere Jahre vergehen werden. Letztlich kann unsere Stadt nur durch die Summer der Maßnahmen geschützt werden.
POSITIVE AUSWIRKUNGEN DURCH MASSNAHMEN AUS DER INNSTUDIE
Enthielt der im Februar veröffentlichte Zwischenbericht der Innstudie neue Erkenntnisse für die Stadt Passau?
Ein Bereich der Studie befasst sich mit den Auswirkungen diverser Maßnahmen auf Passau-Ingling, hier sind deutlich nennenswerte positive Auswirkungen auf die Situation in Passau erkennbar.
Ab einem gewissen Pegel müssen die Bewohner der Altstadt evakuiert werden. Wie weit sind die Pläne für Evakuierungsübungen vorangeschritten?
Fest steht zum einen, dass wir uns bei den Evakuierungen auf Gebäude beschränken, die zwei Meter und mehr überflutet werden, zum anderen wird eine Evakuierung, außer bei Pflegebedürftigen Personen und Kindern, auf freiwilliger Basis erfolgen. Eine Detailplanung wird derzeit ausgearbeitet und im Laufe des nächsten Jahres abgeschlossen sein. Anschließend sollen die Evakuierungen geübt werden, so wie auch der Aufbau des mobilen Hochwasserschutzes.
STADT BEGRÜSST UNI-ERWEITERUNG AM SPITZBERG
Auch in der neuen Mitte, sprich beim Uniprojekt am Spitzberg, scheint es voranzugehen. Welche städtebaulichen Impulse gehen von diesem Projekt aus und erwarten Sie davon auch eine Lösung des lange währenden Konzertsaalwunsches?
Der Spitzberg ist eine logische Erweiterung der Universität, die an diesem Platz sehr passend ist und die wir sehr begrüßen. Die beiden verbleibenden Entwürfe verfolgen unterschiedliche Ansätze, aber jeder würde die Stadt architektonisch und städtebaulich bereichern. Beide Entwürfe beinhalten auch eine Kombination von Audimax und Konzertsaal in einer Größe, die für die Stadt angemessen wäre. Ein Vorbild könnte hier auch das Audimax der Universität Regensburg sein, das seit Anbeginn auch als Konzertsaal genutzt wird und ein großer Glücksfall für die Stadt Regensburg ist.
Stichwort „Konzerthauswiese“: Hier hab es vor einiger Zeit unterschiedlichste Vorschläge zur Nutzung, angefangen vom Biergarten bis zum Open-Air-Veranstaltungsort. Können Sie sich damit anfreunden?
Die Konzerthauswiese ist ein so prominenter Ort in der Stadt, die es den Luxus wert ist, sich Zeit zu nehmen um etwas wirklich Passendes darauf zu verwirklichen.
Zur INNSIDE-Flussfrage: Wir wissen, dass Sie ein treuer Fan des Inns sind. Gibt es vielleicht nicht doch noch einen anderen Fluss, dem Sie verbunden sind?
Ich bin tatsächlich gerne an der Gaißa unterwegs, ein sehr lieblicher aber unbekannter Fluss in Passau.
WIR DANKEN IHNEN FÜR DAS GESPRÄCH!