INNSIDE INNTERVIEW: Manfred Eichberger

„PASSAU IST HIP!“

PASSAU | 6. SEPTEMBER 2023

In regelmäßigen Abständen sprechen wir mit Manfred Eichberger über die Verkehrs- und Reisesituation in Passau. Begeistert ist der Multiunternehmer von der hippen Stadt Passau, wie er die Zukunft von Verkehr und Tourismus in der Region einschätzt, hat er uns in diesem Innterview erklärt.

Die Fragen stellten Claudia Saller und Gerd Jakobi | Foto: Sebastian Ambrosius
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Sie sind an vielen innovativen Nahverkehrsprojekten in der Region beteiligt, manches, wie der Selbstfahrerbus in die Innstadt, sind gescheitert. Was ist für Sie im Augenblick der vielversprechendste Weg, um den Nahverkehr in der Stadt weiterzuentwickeln?

Grundsätzlich wird es zu einer Elektrifizierung im Personennahverkehr kommen, wir werden leiser und sauberer werden, trotzdem wird die die Verkehrssituation in Passau problematisch bleiben, da wir die geographischen Gegebenheiten nicht ändern können. Die Taktung, die wir im innerstädtischen Verkehr haben, ist für ein Oberzentrum ohnehin schon ordentlich, dafür müssen wir uns nicht schämen. Verbesserungen sind natürlich in der Digitalisierung, im Ticketing und bei Tarifverbünden noch möglich, diesbezüglich wird sich in naher Zukunft etwas bewegen, sodass in zwei, drei Jahren eine deutliche Qualitätssteigerung spürbar sein wird, was aber halt nichts an der generellen Verkehrsproblematik ändert.

ES IST SCHWIERIG, DEN KUNDEN ZUM UMSTEIGEN ZU BEWEGEN

 Wären mehr Park & Ride Angebote nicht zielführend?

Da befinden wir uns in einem Dilemma! Es ist schwierig, den Kunden zum Umsteigen auf den ÖPNV zu bewegen, wenn er dann, statt mit dem Auto, mit dem Bus im Stau steht, zusätzlich aber umsteigen und eventuell auf den Bus warten muss. Eine Motivation wäre die Verknappung und Verteuerung der Parkflächen, die jedoch nicht gewollt ist. Gleichzeitig sind Maßnahmen für einen Vorrang des Busverkehrs auf den Straßen mit enormen Investitionen verbunden, die dann wieder auf die Fahrpreise umgelegt werden müssten.

SEILBAHN IST NICHT GESTORBEN

Kann man hoffen, da die Möglichkeiten auf den Straßen so begrenzt sind, dass sich der ÖPNV in Passau doch in die Lüfte erhebt und wir bald eine Seilbahn bekommen?

Es ist nach wie vor so, dass die Seilbahn vor sich hin ruht, aber absolut nicht gestorben ist. Die Notwendigkeit ist weiterhin gegeben, die Pläne passen nach wie vor und es gibt viele Befürworter.

Bei unserem letzten Gespräch haben Sie sich sehr positiv über das damalig geltende 9-Euro-Ticket geäußert und eine dauerhafte Nachfolgeregelung gefordert. Was sagen Sie zum 49-Euro-Ticket?

Das Deutschlandticket ist eine glaubwürdige und vernünftige Nachfolgeregelung und hat den ÖPNV flächendeckend nach vorne gebracht. Die herrschenden Probleme beim Schülerverkehr im Landkreis und in der Stadt können mit etwas gutem Willen behoben werden und mit dem kommenden Ermäßigungsticket für Auszubildende und Studierende, das 29 Euro kosten wird, ist es auch attraktiv für die Fahrgäste.

DONAU ALS TRANSPORTWEG UNINTERESSANT

Nicht nur beim ÖPNV in Passau spielt die Donau keine große Rolle, auch der Güterverkehr auf ihr sinkt kontinuierlich. Wieso werden nicht mehr Warentransporte auf die Wasserstraßen verlagert?

Das Problem hier ist die fehlende Zuverlässigkeit bei Niedrigwasser, Verzögerungen in der Lieferkette werden in der heutigen Zeit nicht mehr akzeptiert. Donauaufwärts bis Passau und ab Regensburg würde es ganz gut funktionieren, aber zwischen Vilshofen und Straubing wird es schwierig. Bei Niedrigwasser aber die Güter hier in Passau auf die Schiene bis nach Regensburg umzulagern, ist logistisch fast nicht möglich und macht diesen Transportweg uninteressant. Die Durchgängigkeit vom Schwarzen Meer bis nach Rotterdam, die man mit dem Rhein-Main-Donau-Kanal schaffen wollte, hat hier eine Lücke, das ist ein Dilemma, denn gleichzeitig wollen wir ja alle die Natur schützen und erhalten, andererseits würde eine lückenlose Verbindung eine große Menge Verkehr binden.

FÜNF JAHRE VON EINER VERNÜNFTIGEN LÖSUNG ENTFERNT

Sie investieren viel Geld in die Elektrifizierung Ihres Fuhrparks, wird der E-Bus nicht nur die Zukunft im Nah- sondern auch im Fernreiseverkehr sein?

Der Trend wird dahin gehen, wir sind noch ca. fünf Jahre von einer vernünftigen Lösung in der Breite weg. Es ist vorstellbar, dass wir in dieser Zeit die benötigte Infrastruktur haben und es ist auch absolut nötig, dass wir Alternativen finden, denn es ist ein politischer Druck aus einigen Ländern spürbar. Beispielsweise darf die Innenstadt von Amsterdam nicht mehr mit einem Verbrenner befahren werden, auch aus Wien kommen Signale. Diesen Druck nehmen wir auf und entwickeln mit einem unserer Partner ein Pilotmodell mit elektrischen Reisebussen.

DAS THEMA WASSERSTOFF WEITER DENKEN

Spielen Wasserstoffantriebe in Ihrer Branche keine Rolle?

Für den Busverkehr, auch in der Langstrecke, würde eine Elektrifizierung ausreichen. Aber unser Anteil am Gesamtverkehr ist ja nur ein kleiner. Entscheidend ist der LKW-Verkehr, der nur sehr schwierig elektrifiziert werden kann, da es fast nicht möglich ist, zeitnah die entsprechende Infrastruktur zu schaffen. Also wird Wasserstoff eine Rolle spielen. In etwa zwei Jahren sollten die Weichen gestellt sein. Aber wir sollten Wasserstoff weiterdenken, bis hin zur Speicherung von Strom. Damit könnte verhindert werden, dass es Tage gibt wie den Pfingstmontag, an denen man an der Börse Geld dafür bekommt, wenn man Strom bezieht. Überproduktionen bei der Energiegewinnung mit Photovoltaikanlagen würden dann nicht mehr ungenutzt verpuffen sondern in Spitzenzeiten könnte Wasserstoff hergestellt und gespeichert werden. Dieser kann dann wieder zur Stromgewinnung, aber auch zum Heizen oder für den Verkehr verwendet werden.

PASSAU ALS REISEZIEL SEHR BELIEBT

Themawechsel, wie geht es der Reisebranche in der Nachcoronazeit und wie entwickelt sich der Tourismus in unserer Region?

Die Menschen, die mit uns verreisen, wollen derzeit ans Meer, beim Haupturlaub im Sommer wird auch nicht unbedingt gespart, sodass wir in diesem Bereich schon zufrieden sind. Mehr Zurückhaltung gibt es allerdings bei den Städte- und Eventfahrten oder auch bei den Rundreisen.

Passau als Reiseziel ist in allen Bereichen wieder sehr beliebt, sei es bei den Flusskreuzfahrten, beim Rad- oder Städtetourismus. Passau ist hip und man kann mit der Situation wirklich zufrieden sein. Auch die ausländischen Gäste sind wieder da bis auf die Asiaten, die erwarten wir im nächsten Jahr.

Nicht so rosig ist die Situation im Bäderdreieck. Zum einen leiden die Thermen unter dem oben schon angesprochenen Drang der Menschen ans Meer. Zum anderen fehlt mittlerweile eine gewisse Modernität, ein frisches Image oder von mir aus auch Glamour. Eine punktuelle Auffrischung in der Infrastruktur könnte eine Internationalisierung und auch die Verjüngung der Gäste zur Folge haben und damit zur Belebung beitragen. Und dann müssen wir das mehr nach außen tragen, den Menschen im In- und auch Ausland sagen, dass wir enorm viel zu bieten haben, dass wir auch cool sein können. Der Bayerische Wald hat uns das sehr anschaulich vorgemacht, vielleicht sollten wir uns ein Beispiel nehmen.

Die Reisebranche hat die Corona-Pandemie scheinbar gut überstanden, schon befinden wir uns in der nächsten Krise. Beeinflussen Inflation und schwächelnde Konjunktur das Urlaubbudget der Menschen?

In diesem Bereich spüren wir extreme Wellenbewegungen. Gerade im Herbst letzten Jahres war die Situation sehr angespannt, die Menschen wussten nicht, was im Winter auf sie zukommt und waren sehr Zurückhaltend, nicht nur beim Verreisen. Als sich nach Weihnachten die Lage wieder entspannte, hat auch die Reiselust wieder zugenommen. Wir stellen eine Preissensibilität fest, der Kunde ist bereit, für Qualität im Haupturlaub durchaus zu bezahlen, aber er kalkuliert beim Zweit-, Dritt- und Vierturlaub definitiv genauer.

Für Sie wollen wir die Flussfrage heute etwas umformulieren: An welchem Fluss würden Sie gerne Urlaub machen?

Eigentlich ist ja der Inn mein Fluss, aber auf diese Frage muss ich mit der Donau antworten. Die Gegend flussaufwärts mit dem Fahrrad zu erkunden würde mich schon reizen, aber ich glaube, ich würde in Bayern bleiben, die Landesausstellung in Regensburg möchte ich mir sehr gern anschauen.