INNSIDE-INNTERVIEW: Manfred Eichberger

ENG VERZAHNTER ÖPNV IN STADT UND LANDKREIS PASSAU ZWINGEND NÖTIG

8.6.2021


Die Inzidenzen sinken, Lockerungen werden nach und nach umgesetzt. Wir haben mit dem Reise- und Verkehrsunternehmer Manfred Eichberger über die Wiederbelebung in der Reisebranche, aber auch über einen praktikablen ÖPNV und den Verkehr in Zeiten des Klimawandels gesprochen.


Die Fragen stellten Gerd Jakobi & Claudia Saller
Fotos: Gerd Jakobi


Herr Eichberger, die dritte Corona-Welle ist gebrochen und der Sommer steht vor der Tür. Freuen Sie sich auf die Reisewelle oder sind Sie skeptisch was die Wiederbelebung der Reisebranche betrifft?

Die Nachfrage nach touristischen Angeboten ist momentan sehr groß und ich bin grundsätzlich guter Dinge, was das Reisen in diesem Sommer betrifft, auch wenn derzeit wegen der verschiedenen Regelungen in den einzelnen Urlaubsländern, aber auch in den deutschen Bundesländern, unsere Arbeit zum Großteil aus Improvisation besteht. Jetzt gerade befinden wir uns in der Phase, in der der Glaube daran, was zu einem bestimmten Zeitpunkt möglich sein wird, Grundlage unserer Planungen ist. Klar ist, dass es beim Reisen auch in diesem Jahr noch Einschränkungen für unsere Kunden geben wird, aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Menschen diese gerne in Kauf nehmen. Im Vergleich zum Vorjahr denke ich, stehen wir auf einem viel stabileren Fundament, die Impfungen schreiten voran und ich rechne ganz fest damit, dass wir 2022 wieder im Normalbetrieb arbeiten können.

TESTPFLICHT DAS RICHTIGE TOOL

Viele Menschen bevorzugen in diesen Zeiten den Urlaub im eigenen Land, Passau gilt als beliebte Urlaubsdestination, mit welchem Ausmaß an Tourismus rechnen Sie für die Dreiflüssestadt?

Ich denke, dass wir hier relativ schnell zu einer „normalen“ Situation zurückkehren könnten, offene Fragen gibt es natürlich bezüglich der Innengastronomie und der Belegungsmöglichkeiten der Beherbergungsbetriebe. Die Testpflicht für Gäste könnte hier das richtige Tool sein. Da der Grenzübertritt nach wie vor mit viel Unsicherheiten verbunden ist, werden die internationalen Gäste wohl noch länger auf sich warten lassen. Wenn wir im Herbst ca. 50 % der Umsätze von 2019 erreichen würden, wäre wir alle sehr zufrieden.

WOLLEN SEILBAHN DEFINITIV VERWIRKLICHEN

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Ist das Seilbahnprojekt zur Veste Oberhaus als besondere Attraktion für Passau noch auf Ihrer Agenda oder hat die Pandemie dieses ehrgeizige Projekt fortgespült?

Wir wollen die Seilbahn definitiv verwirklichen. Derzeit versuchen wir, den Kontakt mit dem Denkmalschutz auf allerhöchster Ebene zu intensivieren, was uns Corona und die damit verbundenen Kontakteinschränkungen jedoch erschwert. Aber ich bin zuversichtlich, dass die nötigen Vororttermine demnächst zustande kommen.

AUTONOM FAHRENDE SHUTTLES IM FLIESSVERKEHR

Sie haben auch während der Pandemie nie den Mut verloren und sich an der Planung eines autonom fahrenden elektrifizierten Bus-Shuttles für Passau beteiligt. Welche Zukunftschance sehen Sie in diesem Projekt?

Der Nahverkehr ist schon immer Teil unseres Unternehmens und liegt uns sehr am Herzen und das Shuttleprojekt mit seinen autonom fahrenden elektrifizierten Bussen ist sehr spannend und wird gerade von der ZF mit einer eigenen Sparte forciert. Derzeit werden mögliche Strecken in Passau evaluiert, abgeklärt werden müssen neben vielen technischen Details und Fördermöglichkeiten auch ethische Fragen wie z. B. wem die Schuld an einem Unfall des Shuttles zuzuschreiben ist. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir bis Ende nächsten oder Anfang übernächsten Jahres die Fahrzeuge in Passau in den Verkehr integrieren können, zu Beginn noch auf separaten Fahrspuren, ab ca. 2025 wird die Technik aber soweit sein, dass die Shuttles auch im fließenden Verkehr sicher unterwegs sein können.

LADEINFRASTRUKTUR IST EIN LÖSBARES PROBLEM

Der Klimawandel wird wohl die nächste große Herausforderung, gerade und auch für die Verkehrsbetriebe. Was wird Ihre Antwort darauf sein?

Der Bus ist schon jetzt ohne Elektrifizierung das Verkehrsmittel mit dem geringsten CO2-Ausstoß pro Passagier. Die Zukunft im ÖPNV sehen wir in unserem Unternehmen ausschließlich in der Elektromobilität. Den letzten Linienbus mit konventionellem Antrieb haben wir wohl im vergangenen Jahr gekauft. Die technische Umsetzbarkeit ist gegeben und das Problem mit der Ladeinfrastruktur ist ein lösbares. Der ÖPNV, den wir als Firma Eichberger betreiben, wird sukzessive in den nächsten 5 Jahren komplett grün werden. In der Touristik besteht noch das Reichweitenproblem, das derzeit nicht gelöst werden kann, eine Antwort könnte hier im Wasserstoff liegen, wir beschäftigen uns intensivst mit dieser Thematik und arbeiten auch mit der Firma Paul diesbezüglich eng zusammen.

ANREIZ ZUM UMSTIEG AUF ÖPNV SETZEN

Die Verkehrsproblematik spielt für die Stadt und die Region eine besondere Rolle. Können Sie uns Ihre Vorstellung für einen ÖPNV der Zukunft in der Region in ein paar Sätzen erläutern?

Die Zahl der Ein- und Auspendler von und nach Passau ist enorm und wird sich in Zukunft nicht vermindern. Funktionieren wird das ganze nur mit einem eng verzahnten ÖPNV in Stadt und Landkreis Passau, wobei auch das Gebiet um Schärding nicht außer Acht gelassen werden darf. Um die Menschen zum Umsteigen zu bewegen ist eine enge, abgestimmte Taktung und ein einheitliches Tarifmodell nötig, ein Anreiz wäre natürlich auch, mit dem Bus schneller voran zu kommen als mit dem PKW.

Dabei könnten auch die Flüsse eine tragende Rolle übernehmen, womit wir bei unserer Spezialfrage wären: Welches ist der Fluss mit dem Sie sich am ehesten identifizieren können?

Es ist nach wie vor der Inn, und dieser könnte tatsächlich als Verkehrsweg in Passau in Betracht gezogen werden.

WIR DANKEN IHNEN FÜR DAS GESPRÄCH