Bei unserem regelmäßigen Jahresinnterview mit dem Passauer Oberbürgermeister Jürgen Dupper haben wir unter anderem die brennenden Themen der Zeit angesprochen: Verkehr, Corona, Hochwasser. Was das Passauer Stadtoberhaupt dazu zu sagen hat, lesen Sie hier:
Im nächsten Monat ist Halbzeit Ihrer dritten Amtsperiode. Zeit für eine kleine Zwischenbilanz: Was war für Sie das herausragende Ereignis in diesen 15 Jahren und was würden Sie gerne noch verwirklichen?
Das herausragende Ereignis besteht darin, dass es keine „normalen“ Jahre gab. In den Anfangsjahren meiner Amtszeit wurde zunächst strukturell viel verändert, dann folgten Hochwasser, Migration, Starkregenereignisse und schließlich die Corona-Pandemie. Diese Ereignisse haben unsere Stadt beeinflusst und allen Beteiligten viel Kraft gekostet. Für die Zukunft wünsche ich mir zwei, drei ganz normale Jahre, in denen wir unseren Fokus auf die geplanten Vorhaben der Bereiche Infrastruktur, Bildung, Betreuung und Wohnen richten können.
MITTEL FÜR THINGPLATZ BEREITGESTELLT
Die EW nutzen und wünschen ihn, Till Hofmann würde sicher gern wieder was machen und auch Oliver Foster würde gleich ein Operettenfestival platzieren… gemeint ist der Thingplatz auf Oberhaus. Wäre eine Ertüchtigung des Platzes für solche Veranstaltungen für Sie denkbar?
Der Thingplatz ist ein zentraler Veranstaltungsort, der gerade in der Covid-Pandemie viel nachgefragt wurde. Manche Veranstaltung hat sogar die halbe Stadt beschallt, das ist der Nachteil dieser Örtlichkeit. In diesem Jahr haben wir Mittel bereitgestellt, um die Infrastruktur in den Bereichen Zuwegung und Stromversorgung zu verbessern. Baubeginn soll Ende der Saison sein, damit auch alle für diesen Sommer gebuchten Veranstaltungen durchgeführt werden können.
Ein Dauerbrenner ist sicherlich der Verkehr in Passau. Wie kommentieren Sie die jüngste Entscheidung, das LKW-Durchfahrtverbot am Anger nicht zuzulassen?
Am Anger wird deutlich, wie begrenzt, aufgrund unserer besonderen Topografie, die Möglichkeiten sind, den Verkehr zu lenken. Niemand möchte unsere historische Stadt zu 100 % autogerecht sehen, das verbietet sich von selbst. Deshalb besteht die große Herausforderung darin, gerade an diesem Nadelöhr der Stadt, in die täglich über 30.000 Menschen einpendeln, eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Unsere Mittel sind hier begrenzt, was aber nicht bedeutet, dass wir nichts tun können. Für die Stadt Passau ist die sogenannte Nordtangente, auch hinsichtlich der ökologischen Nachhaltigkeit, keine Lösung und völlig aus der Zeit gefallen. Vielmehr müssen wir uns mit alternativen Konzepten beschäftigen. Unser Lösungsvorschlag lautet, den vorhandenen Autobahnzubringer bei Hutthurm auszubauen, damit ein Großteil des Schwerlastverkehrs schon dort auf die A 3 gelenkt wird. Dann kann auch ein LKW-Duchfahrtsverbot am Anger wirklich durchgesetzt werden. Wobei ich betonen möchte, dass damit nicht der regionale Lieferverkehr ausgesperrt werden soll.
SANIERUNG DER STRAUSSBRÜCKE ALTERNATIVLOS
Welche Infrastrukturmaßnahmen außer dem Fahrradtunnel stehen in nächster Zeit auf der Agenda?
Im Vordergrund steht in diesem Jahr der Erhalt der Verkehrswege durch die Sanierung der Franz-Josef-Strauß-Brücke. Im Vorfeld auf die Baumaßnahme und die erforderliche Vollsperrung bitte ich schon jetzt alle Bürger um Geduld, Verständnis und Rücksicht, denn es gibt keine Alternative. Auch wenn die verkehrlichen Auswirkungen während der Arbeiten für die Stadt und das Umland nur erahnt werden können, so haben wir keine andere Wahl, als diese wichtige Verkehrstrasse herzurichten. Diese Maßnahme wird uns in diesem Jahr ausreichend beschäftigen. Daneben werden wir den Verkehrsentwicklungsplan der Stadt Passau fortschreiben, der dann die Grundlage für die weiteren Vorhaben in den nächsten Jahren darstellt.
Aber auch den ÖPNV vergessen wir nicht. In diesem Bereich haben wir viel investiert und werden das auch in Zukunft tun. Sobald es die Technik erlaubt, wollen wir unsere Busse auf Elektroantrieb umstellen. Begonnen wird mit den Citybussen.
AKZENTE BEIM INDIVIDUALTOURISMUS SETZEN
Der Tourismus und der Einzelhandel haben unter Corona schwer gelitten, gibt es aus Ihrer Sicht hier noch Handlungsbedarf?
Gerade der Einzelhandel leidet nach wie vor. Schließlich hat der Onlinehandel während der Pandemie das Tempo seines Vormarsches deutlich verstärkt. Wir werden deutschlandweit in den Innenstädten einen Strukturwandel erleben. Gemeinsam mit City Marketing bemühen wir uns, mit verschiedenen Aktionen unsere Innenstadt weiterhin attraktiv zu gestalten und einen Mix aus Einzelhandel, Gastronomie und Kultur anzubieten. Das Konsumverhalten jedes einzelnen Menschen selbst ist jedoch jedermanns private Entscheidung.
Der Tourismus ist auf einem guten Weg. Mit dem letzten Jahr sind wir zufrieden, auch wenn wir noch weit vom Niveau des Jahres 2019 entfernt sind. Damals wurden fast 600.000 Übernachtungen verzeichnet und die Zahlen der Hauptsaisonmonate übertrafen alle Vorherigen. Wir sind zuversichtlich, dass der Aufwärtstrend in den nächsten Jahren anhält. Gleichzeitig müssen wir uns aber trotzdem Gedanken machen, welche Akzente wir setzen wollen, gerade was den Individualtouristen und den Tagesausflügler aus dem Bayerischen Wald oder dem Bäderdreieck betrifft.
SICHTBARER UND UNSICHTBARER HOCHWASSERSCHUTZ
Zehn Jahre nach der Jahrhundertflut sind etliche Hochwasserschutzprojekte angelaufen, einige sind noch in der Planung, wie jetzt zu lesen war. Wie steht es mit der Entscheidung zum umstrittenen Hochwasserschutz an der Innpromenade?
Nach 2013 wurden insgesamt sechs Abschnitte definiert, an denen Maßnahmen untersucht werden sollten. Das Projekt im Stadtteil Hals wurde frühzeitig verworfen. Abgeschlossen ist der Hochwasserschutz in Hacklberg; noch in diesem Jahr wird der zweite Bauabschnitt in der Lindau beendet. Ebenfalls in 2023 wird ein Teil der Magalettigasse fertig gestellt. Daran anschließend soll noch in diesem Jahr das Planfeststellungsverfahren für die Obere Donaulände in die Wege geleitet werden. Bezüglich des Hochwasserschutzes an der Innpromenade können wir ganz entspannt den Untersuchungen des Wasserwirtschaftsamtes entgegenblicken, die gegenwärtig prüfen, ob der derzeit aktuelle, meiner Meinung nach sehr gelungene Entwurf technisch umsetzbar und sinnvoll ist. Wenn hier Ergebnisse vorliegen, wird die Angelegenheit dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt.
Jenseits der Hochwasserschutzmaßnahmen haben wir im Nachgang zur Hochwasserkatastrophe 2013 unsere komplette Kommunikation erneuert, die Stromversorgung in den betroffenen Gebieten hochwassersicher gemacht, die Trinkwasserversorgung in der Söldenau mit einem Millionenaufwand bis zu einem Pegelstand von 15 Metern gesichert und die Infrastruktur und Ausrüstung der Feuerwehr angepasst.
Unsere Flussfrage haben wir Ihnen schon in einigen Varianten gestellt, heute wollen wir Sie fragen, was Sie gern im Überfluss hätten.
Als Oberbürgermeister der Stadt Passau: Arbeitsplätze und Wohnungen.