Nach dem großen Erfolg des ersten Teils der Ausstellung im letzten Jahr folgt nun die Fortsetzung. Neue Zeichnungen aus dem Innviertel werden ergänzt mit älteren Arbeiten, die ebenfalls noch nie gezeigt wurden. Josef Brescher setzt seine "Künstlerische Wanderung" zu magischen Orten in der Region fort. Noch zeigen sich einige der oft versteckten Höfe, Häuser und Hütten in alter Pracht, auch wenn die Patina des Verfalls immer stärker wird.





Einige weiterführende Überlegungen des Künstlers zur Ausstellung „Kein schöner Land…“
Schon zu meinem Studium an der „Universität für Angewandte Kunst“ in Wien habe ich gerne vor Ort skizziert. Man lernte dabei als Kunststudent das Zeichnen am Objekt, eine Art „(Freiluft-)Schule des Sehens“, um Oskar Kokoschka zu bemühen. Klassisches Zeichnen wurde damals noch sehr geschätzt und auch eingefordert.
Das Innviertel war für Zeichenübungen draußen besonders ergiebig, zum einen ist die Landschaft sehr malerisch, sie erinnert an die sanften Hügel, die man auch aus der italienischen Malerei der Renaissance kennt, zum anderen fanden sich noch zahlreiche Orte, Höfe, Häuser, von denen ein beinah magischer Zauber beginnenden Verfalls ausging.
Diese, meist sehr ruhigen und abgelegenen Stätten zeigten eine schier unglaubliche Fülle an Strukturen, an Ein- und Ausblicken, die vor allem meinen grafisch-zeichnerischen Begierden sehr entgegenkamen. Die Kargheit der alten Höfe ging einher mit prächtigen Details und einer Würde, die das landschaftliche Erscheinungsbild des Innviertels bestimmen.
Man muss der alten bäuerlichen Kultur, die Mensch und Natur prägt(e) zugute halten, dass sie - so hart sie auch zu ihren Bewohnern war- bei den Materialien, Häusern und Hütten aber war sie geradezu verspielt großzügig auf Außenwirkung bedacht. Das macht sich auch heute noch, vielleicht ein letztes Mal bezahlt, weil die alten Häuser mit stiller Dramatik und ruhiger Grandezza untergehen beinah wie ein Luxusdampfer. Ohne sentimental zu werden lässt sich sagen, dass hier schlicht genau dasselbe passiert wie überall: Was dem barocken Grabstein sein Totenschädel, das ist dem Innviertel sein zusammengefallener 4-Seit-Hof: Memento Mori: Hier und dort gilt: Als Motiv unschlagbar, als Aussicht traurig und trotzdem als Konsequenz unvermeidlich.
Man muss fairerweise anmerken, dass viele der Höfe und Orte noch liebevoll gepflegt werden, manche sind auch noch bewohnt, die Menschen darin hängen an ihren Häusern und sind mit ihnen eng verbunden. Das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass schon aus ökonomischen Gründen die Epoche, die diese Lebensformen geprägt hat, demnächst endgültig vorüber sein wird. Was nicht als Neubau oder tot-saniert endet, wird abgerissen, verfällt von selber oder wird im Einzelfall musealisiert. Die meisten der Gebäude, die ich als junger Kunststudent gezeichnet habe, sind längst weg, einige derer, die noch stehen wollte ich jetzt noch einmalmal portraitieren, solange sie und ich eben noch da sind…
Meine Zeichnungen sind als eine vor Ort-Aufnahme dieser vielschichtigen Strukturen zu sehen, gern auch als letzte Würdigung dieser so prächtigen, stolzen und sich wie Pflanzen oder Hügel in ein Landschaftsbild einfügenden Höfe, Hütten und Häuser, deren Zeit nun endgültig gekommen ist. Für mich als Künstler ergeben sich daraus vielschichtige Impressionen, die vom rein Zeichentechnischen weit in ökonomische und soziale Belange hineinreichen. Ich versuche, all diese Aspekte intuitiv in die Blätter einfließen zu lassen.
Ich verwende dazu eine mit Ruß nach alter Rezeptur selber angeriebene Tusche, weil diese einen sepiabraunen Farbton ergibt, der dem natürlichen Kolorit der Szenerien am nächsten kommt, Farbe kommt darüber hinaus nur gelegentlich in der Grundierung vor. Die verwendeten Papiere sind entweder historischen Ursprungs ( ich sammle schon ewig alte Malmaterialen) oder bestes Büttenpapier, beides hat seine jeweils eigenen Qualitäten und unterstreicht meine künstlerischen Intentionen optimal. Ich halte mich bei diesen Zeichenübungen bewusst an einen gewissen Realismus, nehme mir aber auch die Freiheit, viele Blätter auch wie abstrakte Themen zu behandeln, Struktur, Oberfläche, Muster, Linie, etc…letztlich geht hier viel in einander über und gerade diese Vielschichtigkeit lässt die Blätter leben.
Der künstlerische Blick, ohne Sentimentalität, aber mit einem Schuss Wehmut, soll hier noch einmal die Schönheiten und Qualitäten aus der Versenkung holen, in die sich die meisten der Höfe, Hütten und Häuser längst begeben haben.
Ich freue mich auf zahlreichen Besuch und viele interessante Gespräche.
Josef Brescher
KUNSTHAUS BURG OBERNBERG | BEZIRKSGERICHTSGASSE 4 | OBERNBERG
BIS SO | 31. MÄRZ 2024
ERÖFFNUNG: SA | 2. MÄRZ | 19:30 UHR
SA & SO | 14 – 18 UHR
Beim Obernberger Pferdemarkt am 23. März ist die Ausstellung von 10 – 18 Uhr geöffnet